Kreisverband der SPD lädt zum Neujahrsempfang in die Volksbank Biberach ein

In der Schwäbischen Zeitung Biberach berichtete Gerhard Trüg am 16. Januar:

Auf Einladung von Bundestagsabgeordnetem Martin Gerster (rechts) hat Ernst Ulrich von Weizsäcker als Gastredner beim Neujahrsempfang der Kreis-SPD über sein neues Buch gesprochen und danach zum Dank eine Packung fairen Ökokaffees erhalten.  Foto: Oliver Hofmann
Biberach – Der renommierte Nachhaltigkeitsforscher Ernst Ulrich von Weizsäcker war Gastredner beim Neujahrsempfang der Biberacher Kreis-SPD auf Einladung von deren Vorsitzendem, dem Bundestagsabgeordneten Martin Gerster. Am Sonntagabend strömten viele Zuhörer in den Saal der Volksbank in Biberach, wo der Redner sein neues Buch „Wir sind dran“ vorstellte.

Weizsäcker war zweieinhalb Jahre lang Vorsitzender der überfraktionellen Arbeitsgruppe „Globalisierung der Weltwirtschaft – Herausforderung und Antworten“ und ist seit 2012 Präsident des „Club of Rome“. Die Liste seiner Leitungspositionen und Ehrungen ist lang. 2009 erhielt er das große Bundesverdienstkreuz. Schon einmal war er in Biberach zu Gast. Martin Gerster begrüßte die zahlreichen Zuhörer und den Gastredner, ebenso die Musikgruppe Jazz-PD, die den Abend musikalisch umrahmte.

Der Abgrund rückt näher

Der Titel des neuen Buchs ist ein Wortspiel mit zwei Bedeutungen: „Wir sind dran“ etwas zu tun, im positiven Sinn, oder „wir sind dran“, die Erde zugrunde zu richten. Weizsäckers Diagnose für die Weltlage ist leider schlecht, denn „wir rasen auf Abgründe zu“. Wenn die weltweiten Flüchtlingsströme weiter zunehmen, weil den Menschen ihre Lebensgrundlage entzogen wird, helfe auch keine Abschottung mehr, sondern es müssten, zum Beispiel, weltumspannende Restriktionen gegen die Überfischung der Weltmeere erlassen werden. Die Menschen verhielten sich bei ihrem Wirtschaften so, als hätten sie eine „leere Welt“, aber sie hätten eine „volle Welt“, das hieße sie wirtschaften als lebten auf der Erde eine Milliarde Menschen, aber es sind siebeneinhalb Milliarden, mit rasant steigender Tendenz.

Weiter ging der Redner auf die bis 2020 nicht eingehaltenen Klimaziele in Deutschland ein, auf die allmähliche Verabschiedung der USA vom Pariser Klimaabkommen und den drohenden Anstieg des Meeresspiegels mit den damit verbundenen katastrophalen Auswirkungen, weil in vielen dicht besiedelten Ländern Asiens die meisten Menschen in Küstenregionen wohnen. Auch prangerte er die weltweite Verbreitung von Dummheiten in den sozialen Medien an, die wiederum von Populisten ausgenutzt wird.

Auch wenn es ein Tabuthema in der Politik ist: „Die Landwirtschaft ist heute der größte Klimafeind“, sagt Weizsäcker. Einmal durch die intensive Tierhaltung mit dem übermäßigen Einsatz von Antibiotika und den damit verbundenen Resistenzen, wie auch dem Einsatz von Neonikotinoiden (hochwirksame Insektizide), die für das massenhafte Insektensterben und die deutliche Abnahme der Vogelpopulationen verantwortlich seien. Dem Pariser Klimaabkommen vom Jahre 2015 haben alle beteiligten Länder zugestimmt, dessen Umsetzung später aber an mehr Wachstum geknüpft. Daraus spreche eine philosophische Krise, denn die Diagnose ist gut, die Therapie aber geistesgestört, so Weizsäcker.

Die Menschen bräuchten heute eine Balance zwischen Ökonomie und Ökologie um die Welt zu retten. Dazu müssten die Staaten und die Religionen beitragen. Man dürfte nicht die Doktrinen der leeren Welt mit der Wirklichkeit der vollen Welt verbinden. Dazu gehöre auch die Kontrolle der Finanzmärkte, die Trennung von Bankgeschäft und Investitionsgeschäft, eine ökologische Steuerreform, die Energie verteuert, aber nur in dem Maße, wie sich die Effizienz gesteigert hat. Effizienzgewinne sollten nicht durch mehr Konsum aufgefressen werden.

Symbiosen wie in der Biologie seien nötig. Die Länder dürften sich nicht als böse Konkurrenten sehen, so wie Trump das propagiert. Für seinen Vortrag erhielt Weizsäcker viel Beifall. Zum Abschluss der Diskussionsrunde bedankte er sich für die frechen Fragen, die gestellt wurden.

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