Zur Veranstaltung in der Wolfegger Post kam in diesem Jahr Fraktionschef Andreas Stoch

In der Schwäbischen Zeitung Ravensburg berichtete Gabriele Hoffmann am 22. November:

Abschlussfoto beim Politischen Martini in Wolfegg (von links): MdB Martin Gerster, der ehemalige Kultusminister und jetzige Oppositionsführer Andreas Stoch, Kreisvorsitzende Heike Engelhardt und Wolfeggs Bürgermeister Peter Müller. Foto: Christine Weimann.

Wolfegg – Beim Politischen Martini der Sozialdemokraten im Landkreis Ravensburg hat sich die SPD kämpferisch gezeigt. Hauptredner im Gasthof zur Post in Wolfegg war in diesem Jahr der SPD-Fraktionschef im Stuttgarter Landtag, Andreas Stoch. Er griff vor allem die Grünen an.

„Solidarpakt Deutschland“ stand als Thema über der Martinisitzung 2016. „Wir haben eine gute Energie hier in der Region“, eröffnete die Kreisvorsitzende Heike Engelhardt die Vortragsrunde mit einem Rückblick auf die SPD-Veranstaltungen in diesem Herbst in der Region. Mit kämpferischem Geist und Zuversicht blickte sie auf das Wahljahr 2017. Gleiches vermittelten auch Andreas Stoch und der Gastgeber, der Biberacher SPD-Bundestagsabgeordnete Martin Gerster. Die Schockstarre nach der Landtagswahl mit dem Verlust der Regierungsbeteiligung scheint einer Aufbruchstimmung gewichen zu sein.

Nach einem kurzen Blick über den großen Teich verkündete Gerster stolz, dass viele Menschen aufgewacht seien und sich aktiv politisch einbringen wollten. Innerhalb von 72 Stunden nach dem Wahlsieg von Donald Trump sind 1000 Menschen neu in die SPD eingetreten. Als Schlaglicht stellte er Lärmschutz und Tempolimit auf der Autobahn 96 in den Raum, eigentlich vom grünen Verkehrsminister versprochen und dann doch nicht umgesetzt. „Die SPD steht an Ihrer Seite“, versicherte er den betroffenen Bürgern aus Waltershofen. Die Menschen müssen im Mittelpunkt stehen und nicht die Raser. Scharf verurteilte Gerster das Gerangel um den Bahnhalt bei Merklingen, der ja von der CDU beschlossen und jetzt von ihr infrage gestellt werde. „Klebrige Finger“ attestierte er der grünen Landesregierung, die vom Bund für Flüchtlinge zugewiesene Mittel zur Finanzierung an anderer Stelle nutze.

Flüchtlinge und Finanzierung stand auch im Mittelpunkt der Grußworte von Wolfeggs Bürgermeister Peter Müller. „Unsere ehrenamtlichen Helfer kommen langsam an ihre Grenzen“, konstatierte Müller. Man brauche professionelle Hilfe. Die Kommunen seien finanziell überfordert. Es habe zu lange gedauert, bis das Geld bei den Gemeinden angekommen sei. Kurz ging Müller auf die Schwierigkeiten ein, im ländlichen Raum bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Seinen Dank richtete der Bürgermeister ans Land für die Zuschüsse zur Sanierung einer maroden Brücke und Straße.

„Sozialer Zusammenhalt in Baden-Württemberg – Ausgangslage und Perspektiven“, war das Thema des Hauptredners Andreas Stoch, Oppositionsführer im Stuttgarter Landtag und ehemaliger Kultusminister unter Grün-Rot. Andreas Stoch, durch Wählerwillen von der Regierungsbank in die Opposition verbannt, zeigte sich temperamentvoll und kämpferisch mit dem Willen, das Ruder wieder rumzureißen.

„Es war ein schreckliches Jahr für die SPD in Baden-Württemberg, doch die Partei ist gut aufgestellt, das war es noch nicht“, rief er in den Saal. „Die SPD ist ein Markenzeichen“, erinnerte Stoch an die 153-jährige Geschichte der Partei, an hart erkämpfte soziale Gerechtigkeit. In seiner fast einstündigen, freien Rede, oft von Applaus unterbrochen, streifte er viele Facetten der vergangenen Legislaturperiode und nahm auch persönliche Verletzungen nicht aus.

Zuerst widmete er sich dem Schulwesen und prangerte jahrzehntelange Versäumnisse der CDU an, die den demografischen Wandel verschlafen habe. Kein Kind solle wegen seiner sozialen Herkunft auf der Strecke bleiben, plädierte Stoch für die Gemeinschaftsschule. Hart ging er mit dem Auftreten der AfD ins Gericht. „Wie schaffen wir es, die Menschen aufzuklären?“, stellte er als Frage in den Raum. Mit dem Ministerpräsidenten habe er immer auf Augenhöhe verkehrt, sei aber vom grünen Koalitionspartner enttäuscht worden. Mit einem Seitenhieb auf Manne Lucha wurde Stoch emotional und fragte, wie der Minister werden konnte. Die Grünen kämen ihm manchmal vor wie Schwarze mit einem grünen Blatt.

„Wir brauchen die SPD vor Ort, wir brauchen euch alle, die Menschen müssen uns verstehen können“, appellierte Stoch an die Genossen.“ Das war eine kämpferische Rede. Sie haben offene Türen eingerannt“, bedankte sich Heike Engelhardt. Selbst wenn Hilde Mattheis, Ulmer Bundestagsabgeordnete, da gewesen wäre, hätte sie ihre Rede kaum halten können, da nach Stochs Ausführungen schon der Gänsebraten im Anmarsch war.

Wo sich hoch­ka­rä­ti­ge Ge­nos­sen die Klin­ke in die Hand ge­ben

Der Politische Martini ist ein Fixpunkt der SPD im Landkreis Ravensburg. Auf dem Programm: politische Statements bekannter SPD-Politiker, Fragen und Diskussion der Genossen sowie zum Abschluss gemütliches Beisammen bei Gänsebraten. Ins Leben gerufen wurde die Veranstaltung vom damaligen Bundestagsabgeordneten Rudolf Bindig. Anstoß war die Initiative der SPD-Bundestagsfraktion „Fraktion vor Ort“, eine Veranstaltung mit jeweils zwei Bundestagsabgeordneten. Martini ist ein alter Lostag, ein Tag für Rückblick und Vorausschau, fand Bindig und entschied sich für den Martinstag als jährlichen Termin. Mit an Bord war der früh verstorbene Matthias Weisheit.

Höchstwahrscheinlich war es in diesem Jahr die 21. Martinisitzung. So ganz genau weiß es Bindig auch nicht mehr, umsitzende Altgenossen aber schworen, Beginn war 1996. Nun denn, auf jeden Fall ist es eine Veranstaltung, bei der sich hochkarätige Politikprominenz die Klinke in die Hand gibt. Staatssekretäre, Minister, nicht nur aus dem Ländle, sondern auch aus Bayern oder dem hohen Norden, traten hier schon auf.

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