Die Schwäbische Zeitung Ravensburg berichtete am 18. November:
Herta Däubler-Gmelin spricht beim politischen Martini des SPD-Kreisverbands in Wolfegg deutliche Worte
Der Bundestagsabgeordnete Martin Gerster und die Ravensburger SPD-Kreisvorsitzende Heike Engelhardt freuten sich, das Herta Däubler-Gmelin, ehemalige Justizministerin und SPD-Urgestein (am Rednerpult), zum politischen Martini nach Wolfegg gekommen war. (Foto: Christine Frey)
Von Elke Zapf
Wolfegg – Eine „Gute Zukunft“ – für das Land und für die SPD. Dieses Thema stand im Mittelpunkt des traditionellen politischen Martinis des SPD-Kreisverbands Ravensburg, der bereits seit 20 Jahren stattfindet. Prominenter Gast der Jubiläumsveranstaltung war Herta Däubler-Gmelin, ehemalige Justizministerin der ersten rot-grünen Bundesregierung, langjährige Bundestagsabgeordnete und frühere stellvertretende Bundesvorsitzende der SPD.
Rund 100 Genossinnen und Genossen aus den Ortsverbänden Aitrach, Aulendorf, Bad Waldsee, Baienfurt, Baindt, Isny, Kißlegg, Bad Wurzach, Leutkirch, Ravensburg, Wangen, Weingarten, Vorallgäu und Wilhelmsdorf trafen sich dieses Jahr in der „Post“ in Wolfegg, um dem prominenten Gast zu lauschen und mit diesem zu diskutieren. Und Däubler-Gmelin hatte jede Menge interessante Thesen dabei zur der Frage, wie es mit der SPD wieder aufwärts gehen könne.
Begrüßt wurde sie vom Biberacher SPD-Bundestagsabgeordneten Martin Gerster mit einer kurzen Bilanz zur aktuellen Lage der SPD: „Während sich auf den Straßen Klimaaktivisten formieren und Rechtsextreme in die Parlamente einziehen, stehen für die SPD mit der Stichwahl zum Parteivorsitz und der Zwischenbilanz zur GroKo bedeutende Entscheidungen an“, sagte er. Gleichzeitig betonte Gerster, wie viel die SPD gerade in den letzten Wochen auf den Weg gebracht habe: „Deutschland wird eine Grundrente bekommen, das ist ein sozialpolitischer Meilenstein. Denn mit der Grundrente bringen wir mehr Gerechtigkeit ins Land.“
Auf soziale Gerechtigkeit, die GroKo und den Parteivorsitz ging denn auch Däubler-Gmelin in ihrer Rede immer wieder ein. Zunächst sagte sie jedoch: „Die Situation der SPD kann noch eine Idee besser werden“ – und sprach damit vielen Gästen aus der Seele. „Viele fragen sich doch, warum braucht man die SPD im 21. Jahrhundert überhaupt noch?“, fuhr die Rednerin, die für ihren Scharfsinn, ihre klare Haltung und die stets deutlichen Worte bekannt ist, fort. Und natürlich hatte sie auch ein paar Antworten und Anregungen parat: „Nichts kommt von selbst und nur wenig ist von Dauer“, zitierte sie Willy Brandt, den einstigen Bundeskanzler der sozialliberalen Koalition, 23 Jahre lang Parteivorsitzender und schließlich Ehrenvorsitzender der SPD. „Arbeit, Bildung, Freiheit und Demokratie – das alles haben wir in Deutschland und es kam nicht von selbst, sondern maßgeblich durch die SPD“, redete sich Däubler-Gmelin fast ein wenig in Rage und fuhr mit dem zweiten Teil des Brandt-Zitats fort: „Darum besinnt euch auf eure Kraft und darauf, dass jede Zeit eigene Antworten will und man auf ihrer Höhe zu sein hat, wenn Gutes bewirkt werden soll.“
Gute Antworten und tragfähige Konzepte müsse die SPD zur Zeit vor allem im Bereich der Klimakrise, des Ressourcenverbrauchs, der Digitalisierung und der prekären Arbeitsverhältnisse liefern. „Schwätzt mal mit den Leuten, die Eure Pakete liefern, und fragt sie nach ihren Arbeitsbedingungen“, empfahl sie und lobte die kürzlich von der schwarz-roten Koaliton beschlossene Durchgriffshaftung in der Logistikbranche bis hin zu den Subunternehmen. Engagiert forderte sie zudem alle zu einem wirksamen Klimaschutz auf: „Wir als SPD setzen uns für die Förderung klimafreundlicher Technologien ein und schaffen damit moderne, zukunftssichere Jobs.“
Zukunftssicher möge auch ein besonderer Job sein – der Parteivorsitz der SPD nämlich, fuhr die prominente Rednerin fort. „Wir brauchen Persönlichkeiten, die unsere Partei überzeugend verkörpern“, betonte Däubler-Gmelin und empfahl dringend, Parteivorsitz und Regierungsverantwortung zu trennen.
Auch dieser Punkt fand viel Zustimmung im Saal. Heike Engelhardt, Ravensburger SPD-Kreisvorsitzende, fasste in der anschließenden Diskussionsrunde die Stimmung so zusammen: „Derzeit wird in der SPD leidenschaftlich diskutiert: Wer soll die Partei in Zukunft an- und aus dem Umfragetief herausführen? Ist die Große Koalition noch in der Lage, die drängenden Themen unserer Zeit anzupacken?“ Engelhardt bedankte sich bei Däubler-Gmelin für die vielen Anregungen dazu, wie sozialdemokratische Politik in Bund und Ländern wieder sichtbar werden könne.