In der Schwäbischen Zeitung Riedlingen berichtete Bruno Jungwirth am 18. Mai:
Schirmhersteller aus Betzenweiler platzt aus allen Nähten – Regierungspräsidium verweigert Ausweisung neuer Gewerbeflächen
Betzenweiler – Es brummt bei der Firma May in Betzenweiler. Der Schirmhersteller wächst seit Jahren kontinuierlich zweistellig. Die Mitarbeiterzahl ist auf 135 gestiegen. Doch nun stößt das Unternehmen an seine Grenzen: Es platzt aus allen Nähten. Eine Erweiterung ist dringend geboten, eine Fläche steht zur Verfügung. Doch weil im Gewerbegebiet noch 2,7 Hektar unbebaut sind, verweigert das Regierungspräsidium die Ausweisung eines neuen Gewerbegebiets – auch wenn die derzeit freie Gewerbefläche für andere Betzenweiler Firmen vorgesehen oder per Ratsbeschluss reserviert ist.
Karl-Heinz May, einer der beiden Geschäftsführer bei May-Schirmsysteme, versteht die Welt nicht mehr. Jetzt gibt es im ländlichen Raum für Unternehmen doch schon einige Nachteile: Der nächste Autobahnanschluss ist weit, die Internetanbindungen sind häufig schlechter als in der Stadt… und „der einzige Vorteil, den wir haben, ist Fläche. Und nun können wir den Vorteil nicht ausspielen“, sagt May, der zusammen mit seinem Bruder Klaus-Peter das Unternehmen leitet.
Um weiter wachsen zu können und auch um im Wettbewerb mit anderen Herstellern bestehen zu können, ist eine Erweiterung dringend erforderlich. Im Büro sitzen die Mitarbeiter eng gedrängt, Schreibtisch an Schreibtisch. Die Produktionsflächen sind alle komplett ausgenutzt, worunter der Arbeitsfluss leidet – mit entsprechenden Mehrkosten, sagen die Mays.
Fläche ist vorhanden
„Für einen optimalen Arbeitsablauf ist eine Erweiterung notwendig“, sagt Karl-Heinz May, der für die Produktion im Unternehmen verantwortlich ist. Auch, um eine schnelle Lieferfähigkeit zu ermöglichen. „Der Materialfluss ist das Wichtigste.“ Dabei ist die Fläche für die Erweiterung vorhanden. Im Flächennutzungsplan wurden 3,5 Hektar im Anschluss an das bisherige Gewerbegebiet für die Erweiterung der Firma May von der Gemeinde vorgesehen. Reine Ackerfläche, die keine ökologische Besonderheit aufweist. Die Fläche ist zum Teil schon in Besitz von Mays, ein weiterer Teil würde ihnen von privat verkauft und die restlichen Flächen würde die Gemeinde verkaufen. Im Gegenzug würde das Unternehmen einen 1,02 Hektar großen Streifen wieder zurückgeben.
Bürgermeister Dietmar Rehm ist in diese Planungen eingebunden und unterstützt das Ansinnen. Doch das Regierungspräsidium spielt nach Auskunft von Rehm und den Mays nicht mit. Hintergrund: Oberstes Gebot der Landespolitik ist es den Flächenverbrauch zu reduzieren. Und da es noch freie Gewerbeflächen in Gemeindebesitz gibt, sollen diese zuerst genutzt werden. Doch an diese Fläche grenzen noch zwei andere Unternehmen in Betzenweiler an, die diese für künftige Erweiterungen benötigen. Wenn May dort bauen würde, wären deren Zukunftsoptionen weg. Es könne doch nicht sein, dass man die Unternehmen am Ort gegeneinander ausspiele, heißt es von den Unternehmern. Und Karl-Heinz May betont: Er könne das Anliegen des Regierungspräsidiums grundsätzlich verstehen. Auch er wendet sich gegen unnötigen Flächenverbrauch. Aber „man muss doch den Einzelfall ansehen“.
„Wir rennen gegen Wände“
Rehm hat mit dem Regierungspräsidium gesprochen, er hat einen Brief an Ministerpräsident Kretschmann geschrieben. Bislang ist nichts passiert. „Wir rennen gegen Wände“, sagt er. Nun hat er sich auch an den hiesigen SPD-Bundestagsabgeordneten Martin Gerster gewandt. Der hat sich in einem Betriebsbesuch in Betzenweiler über die Situation informiert. Gerster kann die Haltung des Regierungspräsidiums nicht verstehen. „Wir müssen froh sein, dass wir Unternehmen haben, die so gut laufen“, sagt er. Im anschließenden Rundgang zeigt sich Gerster beeindruckt vom Schirmhersteller aus der „oberschwäbischen Provinz“ (siehe Hintergrund). Ziel müsse es sein, den Unternehmen zu helfen, dass diese eine Zukunft haben am Ort. Das will er mit politischen Gesprächen versuchen und sich in dieser Angelegenheit auch an den Regierungspräsidenten Jörg Schmidt wenden.
Karl-Heinz und Klaus-Peter May hoffen auf eine baldige Lösung. Sie brauchen die Erweiterung. Aber wenn gar keine Lösung absehbar wäre? „Die Alternative ist eine Verlagerung an einen anderen Standort“, sagt Karl-Heinz May. Aber das wollen sie vermeiden. Sie wollen am Standort Betzenweiler bleiben.
Hintergrund
Das Unternehmen wurde vom Vater der jetzigen Geschäftsführer gegründet. Als Klaus-Peter May 2004 ins Unternehmen einstieg, hatte es 28 Mitarbeiter. Inzwischen sind es 135. May stellt Sonnenschirme der Premiumklasse für den Privathaushalt und auch für das Gewerbe her. Aus Betzenweiler wird in alle Welt geliefert. Das Hardrock-Café in San Francisco zählt genauso zu den Kunden wie McDonald’s, in die Städte Hamburg oder London und selbst bis Japan wird geliefert. Die Schirme werden in Betzenweiler konstruiert, genäht und für den Versand fertig gemacht. Auch Sonderwünsche sind möglich. So wurden Schirme entwickelt, die heftige Stürme mit Windgeschwindigkeiten von 120 Stundenkilometern unbeschadet überstehen.