Martin Schulz gelang es in Fischbach, seine Zuhörer mitzureißen.  Foto: Oliver Hofmann

Michael Mader berichtete in der Schwäbischen Zeitung Biberach am 21. Januar:

Ehemaliger Kanzlerkandidat kritisiert beim SPD-Neujahrsempfang den Brexit

Fischbach – Der ehemalige SPD-Bundesvorsitzende und Kanzlerkandidat Martin Schulz hat vor dem Zerfall der Europäischen Union (EU) gewarnt. Beim Neujahrsempfang der Biberacher Kreis-SPD kritisierte er den Brexit und forderte die rund 400 Zuhörer in der Festhalle in Fischbach auf, bei der Europawahl am 26. Mai wählen zu gehen und sich für die Demokratie einzusetzen.

„Wenn er im Wahlkampf diese Rede gehalten hätte, wäre er jetzt Bundeskanzler“, dachte mancher. So sehr schlug Martin Schulz bei seinem Auftritt Sympathie entgegen. Die Biberacher Genossen waren beeindruckt von der rund einstündigen Rede, die Schulz frei gehalten hatte. Er schaffte es, die Zuhörer mitzunehmen und für die europäische Idee zu begeistern.

Europa auf Augenhöhe gefordert

Der 63-jährige SPD-Politiker, der von 2012 bis 2017 Präsident der Europäischen Parlaments gewesen war, bezeichnete den Brexit als einen Akt der Unvernunft und der Ignoranz. Nur weil die Briten noch ein paar Rechte mehr wollten, als sie eh schon hätten, trete man nicht gleich aus der EU aus, findet Schulz. Egal, in welcher Form der Brexit kommen werde, habe er auf jeden Fall Auswirkungen auch auf die Arbeitsplätze in der Region. „Fragen Sie mal die Leute bei Boehringer oder Liebherr, wie begeistert sie von dieser Entwicklung sind“, machte Schulz deutlich.

Ein Europa auf Augenhöhe mit eigener Identität sei das, was er immer gewollt habe und für was er auch in Zukunft kämpfen werde. „Wir wollen keine Kopie der USA. Wir brauchen die nationale Identität der Mitgliedsstaaten.“ Eine Gesellschaft der Gleichberechtigten sei das Ziel, innerhalb der Nationalstaaten und innerhalb der EU. Genau das müsse die SPD in diesem Schicksalsjahr 2019 verdeutlichen Das sei das Zukunftspojekt, für das seine Partei kämpfen und das sie den Menschen deutlich machen müsse.

Nur in und mit einem starken Europa ließen sich die Interessen gegenüber Trump, Putin und den chinesischen Machthabern vertreten und durchsetzen. Nur so könne man sich für eine vernünftige Umwelt- und Klimapolitik, eine nachvollziehbare Finanzpolitik und Freizügigkeit für die Europäer einsetzen. Zudem könne nur durch ein ernstzunehmendes Europa mit mehr als 500 Millionen Einwohnern der Frieden langfristig gesichert werden. „Mehr als 70 Jahre haben wir keinen Krieg mehr gehabt auf diesem Kontinent, das muss auch für unsere Kinder und Kindeskinder gelten.“ Diese Ziele müsse sich gerade die SPD auf die Fahnen schreiben.

Man müsse Klartext reden auch im Umgang mit der AfD. Dies seien Despoten, die sich die Ängste und Unsicherheiten von Bevölkerungsteilen zunutze machen wollten. Es seien Kräfte unterwegs, die die Würde des Menschen gefährdeten und alles infrage stellten. Damit müsse seine Partei umgehen: „Wir müssen endlich aufhören, als SPD auf unsere Schuhspitzen zu gucken und durch Geschlossenheit überzeugen. Dann werden uns die Menschen auch wieder wählen.“

„Global denken und lokal handeln“ müsse das Motto für die Zukunft der Partei in einem funktionierenden Europa sein. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Martin Gerster hatte ebenso wie der SPD-Kandidat für die Europawahl, Matthias Lamprecht, auf die Bedeutung dieser Wahl hingewiesen. Ummendorfs Bürgermeister Klaus B. Reichert (CDU), dessen Frau und Schwiegervater der SPD angehören, hieß die Gäste in Fischbach willkommen und freute sich über das Interesse an der Rede von Schulz, der sich den Scherz von „der besseren Hälfte“ bei Reichert dann doch nicht verkneifen konnte.

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